Wundergeschichten sind gewichtige Bestandteile der Jesusgeschichte nach den Synoptikern. Die redaktionsgeschichtliche Forschung hat in den letzten zwanzig Jahren ihre unterschiedliche Interpretation bei den beiden ersten Evangelisten zu erhellen vermocht. Hingegen wurde die lukanische Rezeption der Wundertradition vernachlässigt und weithin die These vertreten, Lukas führe mit Hilfe von besonders demonstrativen Wundern einen – aber mißverständlichen – Messiasbeweis.
Diese unter Prof. Dr. J. Gnilka in Münster verfaßte Dissertation möchte die Forschungslücke schließen. Die Einsicht in de Erzählstruktur der Wunderepisoden und die kompositionelle Gliederung des öffentlichen Wirkens Jesu lassen erkennen, daß Lukas eine besondere Erzählstrategie verfolgt. Im Rahmen seines Doppelwerkes bedenkt der Evangelist die bleibende Möglichkeit des Heils, das in Jesu Wirken gegenwärtig war. Dabei legt er besonderen Wert auf eine praxisrelevante Normvermittlung, die einer bedrängten Gemeinde den Heilsweg weisen soll. Innerhalb dieser Konzeption illustrieren die Wunder die in Jesus gegenwärtige Königsherrschaft Gottes: Jesus als letzter Prophet und eschatologischer Menschensohn erfüllt die alttestamentliche Verheißung, indem er Gottes Heil den Armen, Geknechteten und Sündern in Israel zuwendet.