«Nicht die Regel, sondern fast die Ausnahme ist es, daß der Urteilende andere und sich selbst ins Klare setzt über den letzten subjektiven Kern seiner Urteile. . . die bewußte Selbstkontrolle fehlt.«
Max Weber, dessen materialdichte Analysen des Kapitalismus seit langem in den gleichen Rang mit Marxens Werk gesetzt werden, der zum erstenmal den alle Lebensbereiche in seinen Bann reißenden Prozeß der technischwissenschaftlichen Rationalisierung als ›das Schicksal unserer Zeit‹, als die unaufhaltsame ›Entzauberung‹ der geschichtlichen Welt beschrieb – der große Repräsentant der europäischen Soziologie hat sich dieser, von ihm geforderten Selbstkontrolle nie entzogen.
Die in dem vorliegenden Band gesammelten, zwischen 1904 und 1921 entstandenen Aufsätze sind klassische Dokumente einer ntichternen Reflexion auf das eigene Tun, der unerbittlichen Disziplin begriffsbildender und begriffskritischer Arbeit. ln ihnen verhalf er der noch jungen Wissenschaft zum methodologischen Selbstverständnis. Er lehrte sie, ihre logischen Schwierigkeiten" in ihrem Objekt - handelnden Menschen und verstehbaren Motivationen - sowie in dem vertrackten, von unbewußten lmplikationen beherrschten Verhältnis zwischen diesem Objekt und dem forschenden Subjekt zu sehen: Die Soziologie kann den Status einer ›Naturwissenschaft des Sozialen‹ nicht erreichen; sie soll ihn nicht einmal anstreben, auch wenn man sie, wie Weber es tat, als systematische Wissenschaft begreift.