,,Weltfrömmigkeit" protestiert seit eh und je gegen die Miß- wirtschaft einer Zwei-Stände-Kirche und gegen die stets drohende Trivialisierung des menschlichen Lebens. ,,Welt" ist ja außerdem für den Christen weder eine ,,Stätte der Bewährung" noch ist sie sein bloßer ,,Daseinshintergrund". Die heute vielbeschworene Selbstverwirklichung braucht deshalb nicht so sehr die ganzheitliche Lebensschau eines ,,Heiligen Kosmos" (P.L. Berger), sondern - praktisch - die stete Bemühung um die gegenseitige Einbergung und Aufsprengung von Gott und Welt. Freilich ist eine denkerische Begegnung von Welterfahrung und christlichen Glauben (R. Guardini) unverzichtbar: beide bedürfen einander in einem sehr realen Sinn. Aber diese Begegnungs-Bemühung kann zur intellektuellen Attitüde verkommen, wenn das Ziel nicht mehr gesehen wird: die Realisation von Gnade und Heil! Diese Realisation bedarf der Kraft menschlicher Existenz, d.h. : der,,christlichen Persönlichkeit", die auf sehr verschiedene Weise gepriigt werden kann. Die Geschichte der christlichen Nachfolge-Wege kennt eine große Vielfalt spiritueller Traditionen. Die meisten von ihnen streben diese ,,christliche Persönlichkeit" und den ,,Durchbruch des gegebenen Heils" in der Welt der Menschen durch den Menschen an.
Einige dieser Traditionen werden hier dargestellt - bis hin zu den bedutenden (und teils tragischen) Zeugnissen der Gegenwart. Sowohl in diesen Traditionen als auch in den Zeugnissen wird die große Spannweite der gemeinsamen christlichen Herkunft erkennbar. Ebenso kann man auch die Explosivkraft (und Gefährdung) christlicher Glaubens-Existenz sehen lernen. Individuelle und gegenwartsbezogene Entschlossenheit zur Weltverantwortung sind deshalb für die,,Weltfrömmigkeit" ebenso nötig wie ein wachsamer und stets kritischer Geist...